Geringe Geburtenzahlen, Drang zu hohen Studentenzahlen und Ost-West-Wanderung: Die Zahl der Azubis ist im Vorjahr auf ein historisches Tief gesunken. Besonders stark ging die Zahl der Ausbildungsverträge in Ostdeutschland zurück. Die Firmen strecken ihre Fühler nach Europa aus.
Während in einigen südeuropäischen Ländern sechs von zehn junge Menschen ohne Job sind, gehen der deutschen Wirtschaft die Nachwuchskräfte aus. Im Land mit der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit Europas und einer der schwächsten Geburtenraten haben sich im vergangenen Jahr nur noch 548.000 junge Menschen für eine Ausbildung im vielgelobten dualen System entschieden - ein Minus gegenüber dem Vorjahr um 3,1 Prozent. So wenige Azubis wie noch nie hierzulande seit der Wiedervereinigung. Die wenigen Schulabgänger erlangen zudem häufiger die Hochschulreife und streben stärker an die Hochschulen.
Insbesondere in den Ballungsräumen tun sich Betriebe immer schwerer, geeignete Bewerber zu finden. Denn mit leichten Schwankungen geht die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse seit der Jahrtausendwende zurück: 1999 waren noch fast 88.000 Verträge mehr abgeschlossen worden als 2012. Die Großindustrie reißt sich um die besten Bewerber, kleine Betriebe können kaum noch mithalten. Das Handwerk musste einen Rückgang von 4 Prozent bei den Neuverträgen verkraften.
Eine wichtige Nachwuchsquelle der Wirtschaftszentren ist zudem bereits nahezu versiegt. Der Geburtenknick nach der Wende bringt Jugendliche in Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern in die komfortable Lage eines auskömmlichen Lehrstellenangebots vor der eignen Haustür. Sorgen machen müssen sich Ausbildungswillige eher in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, aber auch in der Hauptstadt Berlin mit ihrem besonders ungünstigen Verhältnis zwischen Stellen und Bewerbern. Die jungen Leute dort werden sich zunehmend auf Ausbildungsplätze in der Fremde einstellen müssen.